Thursday, December 15, 2005

Verbindliche Grundschulgutachten in NRW

In NRW wurde im Kabinett das neue Schulgesetz verabschiedet. Einer der umstrittesten Punkte darin ist das verbindliche Grundschulgutachten. Dies bedeutet, dass die Grundschullehrer einem Schüler ein Gutachten ausstellen, wo der Schüler in Zukunft am besten unterrichtet werden könnte (Hauptschule, Readschule oder Gymnasium). Dieses Gutachten gibt es schon heute, aber bisher können Eltern das Gutachten als Empfehlung verstehen und sich gegen den Rat des Lehrers entscheiden. In Zukunft zählt der Wille des Lehrers mehr als der Wunscht des Kindes und der Eltern.

Ich halte es immer noch für eine verdammt schlechte Idee. Der Willen des Staates zählt offensichtlich mehr als der Willen der Individuum. Und dieses Gesetz wird von der FDP mitgetragen. Eigentlich nicht zu glauben.

Auf dem letzten Politisch-Programmatischen Wochenende der Julis NRW in Bad Honnef haben wir auch über das Thema diskurtiert und auch dort hält man das Gutachten für eine gute Idee. Diskurs gab es nur ob und welche Tie-Breaker man möchte.

Das Problem bei diesen Gutachten ist eigentlich bekannt. Sie sind sehr oft falsch. Laut eine Vergleichsstudien von Iglu ist die Hälte aller Schulempfehlungen falsch. Die Befürworter der verbindlichen Gutachten verweisen immer darauf, dass die Eltern ihr Kind überschützen und auch aus Prestigegründen auf das Gymnasium schicken würden. Dies stimmt bestimmt sogar. Aber die Trefferquote wird dabei wohl aber besser sein als 50%. Der viel wichtigere Punkt für mich ist allerdings. Die Lehrer fällen eine Entscheidung, müssen aber nicht mit den Konsequenzen leben. Ob die Entscheidung richtig oder falsch war, erfähren die Lehrer nicht. Die meisten wird es wohl auch nicht interesssieren.

Wir brauchen in unserm Schulsystem mehr Durchlässigkeit zwischen den Schulformen und nicht mehr Hindernisse. Diese Entwicklung ist sehr schade.

Neu für mir war, dass diese Verhinderung des Elternwillens nur in eine Richtung gilt. Nach oben. In Spiegel Online heisst es dazu:

Danach sollen die Lehrer entscheiden, ob das Kind zum Beispiel für das Gymnasium geeignet ist - und im Konfliktfall können sie die Eltern übergehen.

In der Vorlage zur Novellierung des Schulrechts heißt es dazu wörtlich, dass der "Elternwille dann nicht maßgeblich (ist), wenn nach einer pädagogischen Prognose die fehlende Eignung eines Kindes für die gewünschte Schulform offenkundig ist".

Diese Regelung soll freilich nur dann greifen, wenn die Lehrer ein Kind für nicht gut genug befinden. Soll im Umkehrfall aber etwa die intelligente Tochter einer türkischen Putzfrau auf die Hauptschule geschickt werden, obwohl ihre Noten locker fürs Gymnasium reichen, dürfen die Eltern dies weiterhin nach eigenem Ermessen bestimmen.

Dies macht die Sache auch nicht besser. Man sieht es wohl so also ob der eine Fall der intelligenten Tochter nicht so wichtig sei.

Bei dem Thema muss ich immer an meine Grundschule vor Ort denken. Meine Lehrerin in der Grundschule hat damals in der dritten Klasse zu einem schlechten Schüler, der mal mutig gewesen ist und aufgezeigt hat, gesagt, dass er nicht mehr bei ihr aufzeigen soll, da es eh nichts bringt. Ich weiß die Worte noch wie damals. So erstört man zwangsläufig dann auch die letzte Lust auf Lernen. Ein merkwürdiges pädagogisches Konzept. Mir graust es, wenn ich daran denke, dass die Grundschulgutachten von derartigen "Pädagogen" in Zukunft verbindlich sein sollen. Wieviel Mühe mit einer ordentlichen Zuordnung nach Fähigkeiten wird man sich da wohl machen. Das wird wohl so ablaufen:

"Der Sohn vom Chefarzt erhält auch bei mittleren Leistungen eine Gymnasialempfehlung, die Tochter der türkischen Putzfrau bekommt trotz guter Leistungen nur eine Hauptschulempfehlung", so Bos'€™ plakative Zusammenfassung.
(Spiegel Online) Solche Lehrer mögen Einzelfälle sein, aber jeder einzelne Fall eines fahrlässig falsch zugeordneten Schülern (Fehler passieren in geringen Massen auf jeden Fall) ist ein Skandal.

Man solche Fehlentscheidungen nicht komplett verhindern, aber man sollte die Entscheidung in die Hände geben, die mit der Entschiedung leben müssen. Und dies sind die Eltern und die Kinder. Nicht die Lehrer also nicht der Staat sollte sich in eine solch wichtige Entscheidung weiter als mit einer Empfehlung einmischen. Modern und zukunftfähig soll die Schule in NRW werden. Dazu sind in dem Schulgesetz einige gute Punkte dabei, aber das verbindliche Gutachten gehört nicht dazu.

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