Monday, January 02, 2006

Bachelor/Master

Wieso meckert eigentlich jeder über die Umstellung auch Bachelor/Master?

Es ist absolut unbestritten, dass viele Studiengänge an vielen Universitäten mit der Umstellung absolut nicht klar kommen oder klar gekommen sind. Bei mir in Paderborn haben es die Verantwortlichen für Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftswissenschaften wohl in den Sand gesetzt. Während es bei Informatik eigentlich sehr gut geklappt hat.

Zum Beispiel:

Hier das absolute Chaos:

  • Neue Unterrichtsformen, von denen die Dozenten keine Ahnung haben wie'€™s gehen soll...
  • Jede Aufgabe muss im Team gelöst werden (man soll ja Teamfähigkeit trainieren); die Prüfungen werden in Einzelarbeit gelöst (und wer soll noch wissen wie man eine Aufgabe alleine löst)
  • Zusammenlegen aller (in meinem Fall: Wirtschafts)Studiengänge für die ersten drei Semester -> jeder soll von allem lernen... Das Problem: man lernt von allem, aber nichts so, dass man es verwenden könnte...
  • Prüfungen gibt es nun am Ende der Semester (wäre ja Positiv), nur wissen wir bis jetzt nur in den seltensten Fächern, wie die Prüfung aussehen wird, und welchen Leistungsnachweis wir dafür erbringen müssen (Semester-Ende: Februar 06, Prüfungen im März)... Könnte doch noch knapp werden...
Oder:
Das schlimmste ist ja, dass KEINER der Studenten (an meiner FH) das Bachelor-Modell will. Jeder will den vergleichbaren Diplsomstudiengang - der ist fachlich fundierter, klarer strukturiert, und in der Wirtschaft bekannt... Sprich: für den Studenten wesentlich Vorteilhafter
Beide Zitate sind jetzt aus dem heise-Forum, aber ich bin sicher, dass man problemlos tausende weitere solche Zitate finden könnte, da sie die häufigsten Vorwürfe wiederspiegeln.

Dies sind Fehler der Universität oder des Fachbereichs. Ich sehe da keine allgemeinen Konstruktionsfehler an den Abschlussen. Bei mir in der Paderborn wurde der Umstieg vor zwei Semester gemacht und es hat eigentlich sich gut funktioniert. Man hat die Chance genutzt um die Prüfungsordnung zu überarbeiten. Nicht jede Neuerung war gut (Notenfreiheit beim Softwaretechnikpraktikum - 300 Stunden für "nichts"), aber doch zumindest die meisten (Umstellung von "Praktikum" auf "berufpraktische Tätigkeit"). Dies soll zeigen es geht auch besser. Wenn die Universität bzw. das entsprechende Institut bereit ist ordentliche Regelungen und Übergangsregelungen zu schaffen. Dort sollte die Kritik angesetzt werden und weniger bei den neuen Studiengängen. Häufig gleitet BSc/MSc-Kritik auch in den Antiamerikanismus. Die blöden Amis haben uns da mal wieder etwas aufgeschwatzt, unser tolles Diplom war doch überall so beliebt.

Nun mal zu den einzelnen Vorwürfen aus den Zitaten. Ich behaupte nicht, dass die Autoren mit ihren Erfahrungen in ihrem Fall unrecht haben. Dies bezweifele ich nicht im Ansatz. Ich möchte nur mal aufzeigen wie es meiner Erfahrung nach für den Studiengang "Informatik" an der Universität Paderborn gelaufen ist.

  1. Neue Unterrichtsformen von denen die Dozenten keine Ahnung haben: Das ist ein Problem der Dozenten und der internen Fortbildung. Im Ansatz haben wir so etwas in Paderborn auch. Zumindest gibt es viele Dozenten, die noch nicht gemerkt haben, dass die Prüfungen für kleine Veranstaltungen (3 Punkte) auf 2 Stunden begrenzt wurde.
  2. Teamarbeit: Und? Also ich halte das für sinnvoll. Es spielt natürlich auch eine Rolle, dass man versucht auf diese Weise den Aufwand für die Korrektoren noch so hoch werden zu lassen.
  3. Zusammelegung der Studiengänge: Auch dies scheint mir eher ein Problem des konkreten Fall zu sein und weniger ein allgemeines Problem. Ich bin mir noch nicht sicher, ob eine Ausrichtung auf "Alles lernen, aber nur wenig" gut oder schlecht ist. Auf der einen Seite sollte eine fertiger Student jeden Bereich zumindest im Ansatz kennen, auf der anderen Seite muss dann die Tiefe der Themen darunter leiden. Mit der Umstellung auf BSC/MSc für Informatik in Paderborn wurde auch eher die Breite gestärkt als die Tiefe.
  4. Prüfungen am Ende des Semester: Dieses Prinzip haben wir in Paderborn seit Studentengedenken. Ich sehe es eigentlich auch sehr positiv, auf der anderen Seite werden die Semesterferien dadurch stark verkürzt und man hat weniger Zeit zum Geld verdienen.
  5. Welcher Leistungsnachweise?: Dies ist ein Problem, dass ich immer wieder von viele Studiengängen höre. Manche Universitäten kriegen einen ordentlichen Plan wohl irgendwie nicht richtig hin. Wenn man es schon nicht schafft dort ordentliche und verlässliche Informationen für alte Studiengänge bereit zu stellen, dann ist es leider auch keine Wunder, wenn es bei den neuen auch Probleme gibt. Bei mir gibt es dieses Problem eigentlich nur im "Studium Generale".
  6. Kein Student will dasEin Semester nach Einführung gab es bei uns zumindest schon ca. 30 - 40 Studenten im 3. Semester, die in die neuen Studiengänge gewechselt sind. So schlecht scheint das Angebot zum Wechsel nicht aufgenommen worden zu sein, obwohl die Regelstudienzeit um ein Semester verlängert wurde.
  7. Fachlich fundierter: Die Regelstudienzeit wurde wie gesagt auf zehn Semester erhöht. Dafür hat man nun mehr Freizeitveranstaltungen im "Studium Generale". Man wurde etwas in den Wahlmöglichkeiten eingeschränkt. Insgesamt würde ich sagen, dass sich bei uns an dem fachlichen Fundament, dass aufgebaut werden soll, nicht viel geändert hat.
  8. Klar strukturiert: Jede Umstellung ist eine Chance für die Verantwortlichen aus den Erfahrungen mit den alten Prüfungsordnungen zu lernen. Bei uns ist die Struktur klar zu erkennen.
  9. in der Wirtschaft bekannt: Zum Zeitpunkt der Einführung war dies auch bestimmt der Fall, aber schon bald wird sich das Bild geändert haben. International scheinen die Vorteile der neuen Abschlüsse wohl klar zu überwiegen.
Fazit Es geht mir nicht darum bei beiden Autoren im heise-Forum etwas vorzuwerfen oder ihnen zu unterstellen, dass sie nicht die Wahrheit sagen. Ich bin sicher, dass sie tatsächlich diese Erfahrungen gemacht haben. Ich bin aber absolut sicher, dass diese schlechten Erfahrungen ein Fehler der Umstellung auf die neuen Abschlüsse ist, sondern dass es sich dabei um Fehler der individuell Verantwortlichen an den entsprechenden Hochschulen handelt. Man sollte die Fehler dieses Personen vorwerfen und die Schuld nicht in dem Bolonga-Prozeß suchen.

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