Thursday, December 01, 2005

Bild: Millionfache Ruchlosigkeit

Zum Titelthema der Bild-Zeitung von gestern "Wird sie geköpft?" hat der Autor Michael Naumann einen Artikel in der Zeit veröffentlicht.
Titelblatt der Bild vom 30.11. (Aus BildBlog verlinkt)

Unter der Überschrift "Ruchlosingkeit, millionenfach" greift der Autor dabei zu drastischen Worten:

Da bedarf es doch einer Extra-Ausgabe der Morallosigkeit dieses Zentralorgans des moralischen Analphabetismus: "Deutsche Geisel. Wird sie geköpft?" fragt BILD einen Tag, nachdem die Geiselnahme der Archäologin Susanne Osthoff im Irak bekannt wurde. Wird sie geköpft? Und wann? Hoffentlich noch vor Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe, mag sich der Chefredakteur gedacht haben[...].

Am Ende sagt der Autor zusammenfassend:

[...] Schluss, der Irrsinn dieses Blattes und seine millionenfache Ruchlosigkeit sind ansteckend wie Aids und haben in Wirklichkeit schon längst die Abdankung von Takt und Mitleid im weiten Kreis seiner Leser zur Folge gehabt. Warum sonst würden sie sich tälich gemein machen mit solcher abgründigen journalistischen Gemeinheit?

Es sei, so heißt es in Berliner politischen Kreisen, BILD das neue Leitmedium der Republik. Das wollen wir gerne glauben. Das traf einst auch auf das Schafott am Place de la Concorde zu, im revolutionären Paris: Die häkelnden Demoiselles am Fuß des Blutgerüsts sind nicht ausgestorben, sie sitzen jetzt in der Redaktion von BILD und können es nicht abwarten, bis die nächsten Köpfe rollen.

Laut dem Bildblog haben sich auch andere Personen und Organisationen dabei offen gegen die Bildzeitung gestellt.

Heute nun hat sich auch die Katholische Kirche, genauer gesagt, der Diözesanrat der Erzdiözese München und Freising als höchstes Laiengremium der Erzdiözese mit deutlichen Worten gegen den "Wird sie geköpft?"-Titel (anlässlich der Entführung der deutschen Archäologin Susanne Osthoff im Irak) gewandt. Das Gremium wirft den Verantwortlichen der "Bild"-Zeitung vor, "unter bewusster Missachtung der Menschenwürde die Auflage steigern" zu wollen, "mit sprachlicher Brutalität Schicksal gespielt" und die Pressefreiheit "missbraucht" zu haben.

PS: Bei Spiegel Online heißt es zudem, es seien inzwischen sechs Beschwerden beim Deutschen Presserat eingegangen. Dort wird auch auf die Nachrichtenagentur ddp verwiesen, wonach die Mutter der Geisel "geschockt" sei über den "Wahnsinn" einiger Medien, das Schicksal ihrer Tochter so auszuschlachten.

Der Titel der Bildzeitung gestern war echt absolut widerlich und übertraf jede noch so schlimme Ausgabe, die ich bisher gesehen habe.
Man kann diese Zeitung irgendwann nicht mehr damit verteidigen, dass sie dem Leser gibt, was er haben möchte. Die Zeitung praktiziert in meinen Augen die organisierte und bewußte Morallosigkeit. Es ist ja nicht so, dass man dort nur hin und wieder gegen journalistische Grundsätze oder Anstand verstoßen wird. Dies ist dort wahrlich Programm.

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